Am 1. Mai 2017 hat das Schweizer Lebensmittelgesetz geändert.
Hauptgründe und -ziele der Revision waren die Anpassung an das EU-Recht, der Abbau bestehender Handelshemmnisse, der Abbau bürokratischer Hürden und die Förderung der Innovationskraft der Lebensmittelwirtschaft.
Im Folgenden listen wir 11 Neuerungen kurz und knapp, teils mit Beispielen auf:
1. Wegfall von Grenz- und Toleranzwerten – Einführung des Höchstwertprinzip:
Bedeutung: Es existiert keine strikte Trennung mehr zwischen Werten, deren Überschreitung eine Gesundheitsgefährdung bewirken, und Werten, welche die «Gute Herstellungspraxis» konkretisieren.
Dies erlaubt den Vollzugsorganen, bei Überschreitung eines Höchstwertes situationsgerecht zu reagieren. Dabei haben Gesundheits- und Täuschungsschutz oberste Priorität.
2. Neue Struktur des neuen Rechts
3. Verordnung betreffend die Information über Lebensmittel (LIV):
Ziel ist es Grundsätze für und Anforderungen an die Information zu stellen.
Dies betrifft die Information auf Etikette, die Information durch sonstiges Begleitmaterial im Zusammenhang mit dem Lebensmittel (z.B. Prospekte), die Information über moderne technologische Mittel, sowie die mündliche Information.
4. Produktionsland – Schweizer Sondervorschriften:
Im Unterschied zur EU bleibt in der Schweiz die Angabe des Produktionslandes auf allen vorverpackten Lebensmitteln obligatorisch.
Neu ist, dass das Produktionsland bei verarbeiteten Lebensmitteln aber auch als übergeordneter geografischer Raum wie «EU» oder «Südamerika» angegeben werden kann.
Erleichterung für global tätige Firmen, da diese je nach Produktionskapazitäten im einen oder anderen Land produzieren lassen (keine Etikettenanpassungen erforderlich).
Nach dem EU-Recht muss es grundsätzlich nur dann angegeben werden, wenn die Konsumenten ohne diese Angabe getäuscht würden.
5. Herkunftsdeklaration vorverpackter Lebensmittel:
Spezifische Angaben für Fleisch und Fisch (LIV Art. 17): für einzelne Stücke Fleisch – Ort der Geburt (nur bei Rind), überweigender Teil des Lebens verbracht, etc. und für einzelne Stücke Fisch – Produktionsland oder Fanggebiet, Fanggerät/Produktionsmethode.
6. Herkunft von Zutaten
Bei dieser Herkunftsregelung geht es darum, dass die Konsumenten nicht getäuscht werden, wenn die Aufmachung eines Produktes eine bestimmte Herkunft suggeriert.
Auch hier geht die Schweiz ihren eigenen Weg: Zutaten tierischer Herkunft: 20 %, Alle übrigen Lebensmittel: 50 %
Beispiel: In einer Tomatensauce mit mehr als 50 Massenprozent Tomaten und mit einer offensichtlich italienischen Aufmachung ist klar deren Herkunft zu deklarieren, falls die Tomaten nicht aus Italien stammen.
7. Nährwertkennzeichnung
Die Nährwertdeklaration ist neu obligatorisch.
Man unterteilt in:
«Kleine» Nährwertdeklaration: Energiewert, Gehalt an Fett, Kohlenhydraten, Eiweiss, Salz
«Grosse» Nährwertdeklaration: Energiewert, Gehalt an Fett, gesättigten Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiss, Salz
Obligatorisch bei nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben – Ausnahmen gemäss Anhang 9 LIV z.B. unverarbeitete Lebensmittel aus einer Zutat; offen in Verkehr gebrachte Lebensmittel; handwerklich hergestellte Lebensmittel, welche direkt an Konsumenten oder an lokale Lebensmittelbetriebe abgegeben werden; Verpackungen < 25 cm2; alkoholische Getränke >1.2 Vol%
8. Deklaration der Allergene im Offenverkauf
Grundsätzlich gilt das Prinzip der Schriftlichkeit.
Es besteht jedoch die Möglichkeit, einen (schriftlichen) Hinweis zu geben, dass mündlich nachgefragt werden kann. Dies bedingt allerdings, dass die notwendigen Informationen dem Personal schriftlich vorliegen oder aber eine fachkundige Person Auskunft geben kann (z.B. Koch/Köchin oder eine von ihm/ihr instruierte Person).
9. Insekten als Lebensmittel
Folgende Insekten werden als neuartige Lebensmittel als Ganzes oder in zerkleinerter Form zugelassen:
Tenebrio molitor (Mehlwurm) im Larvenstadium,
Acheta domesticus (Heimchen, Grille) in der adulten Form,
Locustra migratoria (Europäische Wanderheuschrecke) in der adulten Form
10. Duschwasser, Schwimmbäder
Mit der Anpassung des Verordnungsrechts ist nun schweizweit eine harmonisierte Kontrolle von Badeanlagen, Schwimmbadwasser sowie öffentlich zugänglichen Duschwasser möglich.
Analog dem Trinkwasser könnten künftig schweizweit vereinheitlichte Anforderungen erlassen werden.
Verordnung des EDI über Trinkwasser sowie Wasser in öffentlich zugänglichen Bädern und Duschanlagen (TBDV)
11. Amtliche Kontrollen
National einheitliche Kontrollfrequenzen.
- Schweizweit harmonisierte Kontrollfrequenzen bei meldepflichtigen Betrieben (Art. 8 der Verordnung über den Nationalen Kontrollplan)
- Für die Vollzugsbehörden besteht weiterhin genügend Flexibilität, Einzelbetriebe ihrem Risiko entsprechend zu kontrollieren
- Möglichkeiten des Verzichts auf Gebühren und Strafanzeige bei geringfügigen Beanstandungen
- Erleichterung für Kleinstbetriebe von maximal 9 Mitarbeitenden (vereinfachte Selbstkontrolle möglich)
Die Liste ist nicht abschliessend und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Weitere Informationen finden Sie online auf der Seite des BLV (Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen)